Schlaganfall/Alzheimer/Demenz begünstigt durch Mangel an bestimmten Vitaminen

02.07.2015

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Vitamine, Ernährung und neuropsychiatrische Erkrankungen

Symposium: Neurologische Klinik des Universitätsspitals Zürich und der DACH-Liga Homocystein e. V. 5. Februar 2015

Einige neurologische und psychiatrische Erkrankungen nehmen in den Industrieländern kontinuierlich zu. Besonders problematisch ist die Zunahme an Demenzen. „Könnte man die Entwicklung einer Demenz soweit verzögern, dass die ersten Symptome 5 Jahre später auftreten, würde sich die Prävalenz halbieren“, sagte Prof. Dr. Michael Linnebank in seiner Einführung.

 

Schon lange ist bekannt, dass zwischen dem Verlust kognitiver Fähigkeiten und der Versorgung mit Folsäure und Vitamin B12 Zusammenhänge bestehen. Mangel an den B-Vitaminen Folat, Vitamin B12 oder B6 führt dazu, dass Homocystein in der Zelle und anschließend im Blut ansteigt. Nach heutiger Einschätzung gelten Homocysteinwerte bis 12 µmol pro Liter Plasma als normal.

Homocystein als Risikofaktor

Homocystein ist einer der modifizierbaren Risikofaktoren für vaskuläre und Alzheimer-Demenz und entsteht infolge von Methylierungsreaktionen. Als Laborparameter zeigt erhöhtes Homocysteine an, dass eine Störung in diesem Bereich des Stoffwechsels besteht (Details s. Anhang).

Die populationsbasierte Framingham-Studie zeigt, dass erhöhtes Homocystein sowie Mangel an Folsäure und Vitamin B12 prospektiv mit Demenz vom Alzheimer-Typ assoziiert ist. „Das Demenzrisiko verdoppelte sich bei einem Baseline-Homocystein über 14 µmol/L“, so Linnebank [1].

Auch die Rotterdam-Studie ergab eine solche Assoziation: Der Verlust an Gehirnsubstanz war bei Teilnehmern mit niedrigen Homocysteinspiegeln geringer. Auch bei jenen, die Vitamine einnahmen, war die Atrophie weniger stark ausgeprägt [2-3].

Interessant sind auch die Ergebnisse der Göteborg-Studie [4]: Von den 1368 Frauen zwischen 28 und 60 Jahren, die Ende der 1960iger Jahre an der Studie teilnahmen, wurden Plasma-Proben eingefroren. Die Krankengeschichte dieser Frauen wurde weiter verfolgt und das Homocystein der Proben gemessen. Das mittlere Follow-up war 35 Jahre.

Eine Demenz entwickelten 151 Frauen, 68 davon reine Alzheimer-Demenz, 32 Alzheimer-Demenz mit kardiovaskulärer Komponente, 37 vaskuläre Demenz und 14 andere Demenzerkrankungen. Eine Unterscheidung von Betroffenen und nicht betroffenen war nach ungefähr 22 Jahren möglich.

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Vitaminintervention bei leichter kognitiver Beeinträchtigung

Die 271 Teilnehmer der doppelblinden, randomisierten Interventionsstudie VITACOG haben über zwei Jahre täglich 0,8 mg Folsäure, 0,5 mg Vitamin B12 und 20 mg Vitamin B6 oder Placebo eingenommen. Neben zwischen verschiedenen kognitiven Domänen differenzierenden Kognitionstests wurde substraktive Magnetresonanztomografie eingesetzt. So war es möglich, über die Zeit in definierten Regionen des Gehirns Volumenverluste nachzuweisen. Die Atrophierate bei Personen mit Homocystein-Ausgangswerten >13 µmol/L war in der Vitamingruppe um 53% pro Jahr geringer als in der Placebogruppe mit diesen Ausgangswerten. Besonders der Substanzverlust in den bei M. Alzheimer relevanten Gehirnarealen war in der Vitamingruppe deutlich weniger stark ausgeprägt.

Die VITACOG-Interventionsstudie zeigt, dass B-Vitamine die Atrophie relevanter Hirnareale bei leichter kognitiver Beeinträchtigung bremsen und den kognitiven Abbau verzögern können [5-8]. Die Voraussetzung dafür ist ein erhöhter Homocysteinspiegel. Aus den Daten ergaben sich die Schwellenwerte für den Nachweis signifikanter Unterschiede in der kognitiven Leistungsfähigkeit ab 11,3 µmol/L und ab 13 µmol/L in der Atrophie. Probanden mit geringeren Homocysteinwerten profitierten nicht messbar von den (zusätzlichen) Vitaminen.

Kindliche Entwicklungsstörungen

Die Bedeutung des Stoffwechsels der B-Vitamine in Schwangerschaft und Entwicklung des Kindes beschrieb Prof. Barbara Plecko, Abteilungsleiterin der Neurologie am Kinderspital Zürich, anhand von Fällen aus ihrer Praxis.

Der fast 1-jährige Sohn einer Veganerin kam, nachdem die Entwicklung des Kindes anfangs normal verlief, wegen einer Entwicklungsverzögerung in Pleckos Sprechstunde. Im Blutbild zeigte sich eine Anämie, das Homocystein lag bei 120 µmol/L, das Vitamin B12 bei 45 pg/ml. Nach 3-maliger Gabe von Cobalamin 1000 µg i.m. verbesserte sich der Zustand rasch. Wird der Vitamin-B12-Mangel zu spät festgestellt, kann eine dauerhafte Lernschwäche zurückbleiben.
Bein einem anderen Kind bestand eine primäre Ataxie. Blutbild und das MCV (mittleres Erythrozytenvolumen) waren zu dem Zeitpunkt noch normal. Mit 3 Jahren kam der Junge wegen Lungenentzündung ins Kinderspital. Im Blutbild zeigte sich eine Panzytopenie. Im Gehirn kam es zu einer Sinus-Venenthrombose.

Der Homocysteinspiegel lag bei 188 µmol/L. Die Ursache war ein Defekt der Methioninsynthase, was ein Methioninspiegel von nur 3 µmol/L nahe legte (normal sind zweistellige Werte bis 30 µmol/L). Eine Therapie mit Betain, Folsäure und Cobalamin besserte den Zustand des Kindes. Das Rückenmark war jedoch irreversibel geschädigt, so dass eine spastische Paraparese blieb.

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Von angeborenen Enzymdefekten zur Volkskrankheit

Genetisch bedingte Enzymdefizite, die am häufigsten zu schwerer Hyperhomocysteinämie führen, betreffen die CBS, 1:2040 bis 1:240 bis 1: 1.000.000, die MTHFR, 1:500.000 und MS, 1:200.000 erklärte Prof. Henk Blom von der Universität Freiburg im Breisgau. Bei all diesen Erkrankungen kommt es früh im Leben zu Arteriosklerose und Thrombosen.

Bei CBS-Homocystinurien steigt das Homocystein abhängig von der Mutation auf über 100 µmol/L an, lässt sich aber meist mit Vitamin B6 auf unter 50, häufig sogar auf unter 20 µmol/L senken. Zum Beispiel verringerte sich bei 158 CBS-Patienten in 2821,6 Patientenjahren Vitamin-B6-Therapie die Rate von Herz-Kreislauf-Ereignissen von ohne Therapie prognostizierten 112 auf 17 [9].

Defizite aller drei Enzyme können zu schwerer Hyperhomocysteinämie führen. Daraus kann man schließen, dass Störungen des Metabolismus, in dem Homocystein entsteht, das Risiko für Atherosklerose stark erhöht. Außerdem ergibt sich daraus, dass die Modulation des Defekts durch entsprechende Vitamine und Betain die Inzidenz atherosklerotischer Erkrankungen bzw. Ereignisse verringert. Blom stellte die Frage: „Gilt das auch für leichte Hyperhomocysteinämie (12-15 µmol/L)?“

Er fasste die Daten der bisher durchgeführten – fast immer sekundärpräventiven – Studien noch einmal zusammen. In diesen Studien konnten Homocystein senkende B-Vitamine weitere Herz-Kreislauf-Ereignisse nicht signifikant verringern.

Schlaganfall

Neuere Analysen deuten aber darauf hin, dass dies nicht für Schlaganfall als sekundäres, und schon gar nicht als primäres kardiovaskuläres Ereignis gilt, entgegnete Prof. Dr. Uwe Till, Mediziner und em. Pathobiochemiker der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Primärpräventiv angelegte Interventionsstudien zeigen, dass die Schlaganfallinzidenz durch die Vitamine um bis zu 25 Prozent gesenkt wird.

Bei zerebrovaskulären Erkrankungen spielt u. a. die Endothelfunktion bzw. als gut messbarer Parameter die Intima-Media-Dicke der Arterien eine wichtige Rolle. Mangelhafte Versorgung mit Folat und erhöhtes Homocystein schädigen das Endothel und begünstigen Atherosklerose. Till betonte, dass in der Sekundärprävention, also der Vermeidung eines zweiten Herz-Kreislauf-Ereignisses, die Endothel-protektive Wirkung der Vitamine häufig zu spät kommt.

Till und seine Kollegen in Jena konnten nachweisen, dass B-Vitamine die Intima-Media-Dicke der Halsschlagadern innerhalb eines Jahres signifikant verringern [10]:

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Till fasste abschließend die aktuelle Evidenz zu Homocystein, B-Vitaminen und Schlaganfall zusammen:

Eine große Metaanalyse epidemiologischer Studien ergab, dass 5 μmol/L höheres Plasma-Homocystein das Schlaganfallrisiko um etwa 60 Prozent steigert [11].

B-Vitamine verringerten nach den Ergebnissen einer Metaanalyse der großen Sekundärpräventiven Studien das Risiko eines Schlaganfalls signifikant um 12% [12].

In der HOPE-2-Studie, an der auch Risiko-Patienten teilnahmen, die noch kein Herz-Kreislauf-Ereignis hatten, wurde für Schlaganfall eine Risikoreduktion um 25% nachgewiesen [13].

Interaktionen: Protonenpumpen-Hemmer und Vitamin B12

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Für die Lösung des Cobalamins aus dem Nahrungsprotein ist die Magensäure unerlässlich. Das zeigt auch eine neuere Untersuchung in den USA [14]. Stanger empfiehlt, Säureblocker nicht dauerhaft einzunehmen oder Vitamin-B12 zu substituieren. (...)

Anhang

Homocystein entsteht infolge von Methylierungsreaktionen. Durch enzymatische Remethylierung mit Hilfe des Folats 5-Methyl-Tetrahydrofolat (5-Methyl-THF oder Metafolin) und Riboflavin sowie Vitamin B12 kann es wieder in Methionin umgewandelt werden – der Zyklus läuft weiter.
Das Hauptprodukt dieses Kreislaufs ist S-Adenosyl-Methionin (SAM), das für den Großteil der Methylierungsreaktionen gebraucht wird.

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Bei Folat- oder Vitamin-B12-Mangel steigt Homocystein zunächst in der Zelle und dann im Blut an. Einige Zelltypen können es mit der CBS, einem Vitamin B6- bzw. Pyridoxin-abhängigen Enzym, zu Cystein abbauen [1]. In der Niere dient das dazu, Homocystein aus dem System zu entfernen, und gleichzeitig dem Recycling. Die Aminosäure Cystein wird auch für die Synthese von Glutathion gebraucht.

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Quellen:

http://www.hevert.com/market-de/arzt/de/meine_praxis/medizin_aktuell/artikel/vitamine-ernaehrung-und-neuropsychiatrische-erkrankungen

1.     Seshadri S, Beiser A, Selhub J, Jacques PF, Rosenberg IH, D'Agostino RB, Wilson PW, Wolf PA. Plasma homocysteine as a risk factor for dementia and Alzheimer's disease. N Engl J Med 2002;346(7):476-83.
2.     Prins ND, Den Heijer T, Hofman A, Koudstaal PJ, Jolles J, Clarke R, Breteler MM; Rotterdam Scan Study. Homocysteine and cognitive function in the elderly: the Rotterdam Scan Study. Neurology 2002;59(9):1375-80.
3.     den Heijer T, Vermeer SE, Clarke R, Oudkerk M, Koudstaal PJ, Hofman A, Breteler MM. Homocysteine and brain atrophy on MRI of non-demented elderly. Brain 2003;126(Pt 1):170-5.
4.     Zylberstein DE, Lissner L, Björkelund C, Mehlig K, Thelle DS, Gustafson D, Ostling S, Waern M, Guo X, Skoog I. Midlife homocysteine and late-life dementia in women. A prospective population study. Neurobiol Aging 2011, 32(3):380-6.
5.     Smith AD, Smith SM, de Jager CA, Whitbread P, Johnston C, Agacinski G, Oulhaj A, Bradley KM, Jacoby R, Refsum H. Homocysteine-lowering by B vitamins slows the rate of accelerated brain atrophy in mild cognitive impairment: a randomized controlled trial. PLoS One. 2010 Sep 8;5(9):e12244.
6.     de Jager CA, Oulhaj A, Jacoby R, Refsum H, Smith AD. Cognitive and clinical outcomes of homocysteine-lowering B-vitamin treatment in mild cognitive impairment: a randomized controlled trial. Int J Geriatr Psychiatry 2012;27(6):592-600.
7.     Douaud G, Refsum H, de Jager CA, Jacoby R, Nichols TE, Smith SM, Smith AD. Preventing Alzheimer's disease-related gray matter atrophy by B-vitamin treatment. Proc Natl Acad Sci U S A 2013;110(23):9523-8.
8.     de Jager CA. Critical levels of brain atrophy associated with homocysteine and cognitive decline. Neurobiol Aging 2014 35 Suppl 2:S35-9. Review
9.     Yap S, Boers GH, Wilcken B, Wilcken DE, Brenton DP, Lee PJ, Walter JH, Howard PM, Naughten ER. Vascular outcome in patients with homocystinuria due to cystathionine beta-synthase deficiency treated chronically: a multicenter observational study. Arterioscler Thromb Vasc Biol 2001;21(12):2080-5.
10.   Till U, Röhl P, Jentsch A, Till H, Müller A, Bellstedt K, Plonné D, Fink HS, Vollandt R, Sliwka U, Herrmann FH, Petermann H, Riezler R. Decrease of carotid intima-media thickness in patients at risk to cerebral ischemia after supplementation with folic acid, Vitamins B6 and B12. Atherosclerosis 2005;181(1):131-5.
11.   Wald DS, Morris JK, Wald NJ. Reconciling the evidence on serum homocysteine and ischaemic heart disease: a meta-analysis. PLoS One 2011;6(2):e16473.
12.   Huang T, Chen Y, Yang B, Yang J, Wahlqvist ML, Li D. Meta-analysis of B vitamin supplementation on plasma homocysteine, cardiovascular and all-cause mortality. Clin Nutr 2012;31(4):448-54.
13.   Saposnik G, Ray JG, Sheridan P, McQueen M, Lonn E; Heart Outcomes Prevention Evaluation 2 Investigators. Homocysteine-lowering therapy and stroke risk, severity, and disability: additional findings from the HOPE 2 trial. Stroke 2009;40(4):1365-72.
14.   Lam JR, Schneider JL, Zhao W, Corley DA. Proton pump inhibitor and histamine 2 receptor antagonist use and vitamin B12 deficiency. JAMA 2013;310(22):2435-42.
15.   Chen NC, Yang F, Capecci LM, Gu Z, Schafer AI, Durante W, Yang XF, Wang H. Regulation of homocysteine metabolism and Methylation in human and mouse tissues. FASEB J 2010;24(8):2804-17.

Was bedeutet das, was ist zu tun?

Was wir HeilpraktikerInnen schon seit langem zu erklären versuchen, wird zunehmend auch durch die Forschung bestätigt
und vor allem auch durch die Schulmedizin akzeptiert.
Insbesondere ein Mangel an bestimmten Vitaminen ist eben doch zuträglich für bestimmte Krankheiten oder sogar
ursächlich. Besonders Nordeuropa ist z.B. Mangelgebiet hinsichtlich Vitamin-D3. Am Rande bemerkt, auch ein Mangel an
Selen ist bei uns nicht selten. Sprechen Sie Ihren Arzt doch einmal auf einen eventuellen Zusammenhang Ihrer Erkrankung mit
Mangelzuständen an. Wahrscheinlich gehört er aber noch zur Kategorie der Zweifler.
Möchten Sie bestimmte Dinge dahingehend für Sich und Ihre Gesundheit abklären, so stehe ich Ihnen beratend und mit meinen
Laborleistungen zur Verfügung. Sollte sich eine Therapienotwendigkeit ergeben, denn nicht immer ist das nötig, habe ich auch
dann für Sie die richtige Versorgung.